Social Media- und Bloggertag #RolfKauka vs. #WaltDisney


Social Media und Bloggertag #RolfKauka vs. #WaltDisney, 2018 © LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen

Mit der aktuellen Ausstellung FIX & FOXI. Rolf Kauka, der deutsche Walt Dinsey, und seine Kultfüchse zeigt die LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen über 200 originale Zeichnungen aus dem Rolf Kauka-Nachlass. Ähnlich wie Walt Disney zeichnet Kauka nicht selbst, sondern beschäftigt seit den 1950ern eine ganze Gruppe von Zeichnern. Fortan erleben Lupo und die Fuchszwillinge ihre Abenteuer in dem idyllischen Fuxholzen.


© Sammlung Dr. Stefan Piëch

Hinzu kommen frankobelgische Comics, wie Astérix, Die Schlümpfe oder Lucky Luke, für die Kauka ab den 1960er Jahren die Lizenzen erwirbt und damit einem deutschen Publikum zugänglich macht. Dass Kauka einen bedeutenden Einfluss auf die europäische Comic-Entwicklung ausübt, ist somit unumstritten! Doch in welchem Verhältnis steht der deutsche Kauka zum amerikanischen Disney? Wer ist der Erfinder von Bambi und Dumbo? Welche Unterschiede bestehen zwischen Lupo und Goofy? Und wieso werden sowohl Kauka als auch Disney rassistische Tendenzen vorgeworfen? Diese Fragen diskutierten wir letztes Wochenende ausgiebig auf unserem Social Media- und Bloggertag #RolfKauka vs. #WaltDisney. Ein Nachbericht zu dieser Diskussionsrunde erfolgt in zwei Teilen.

Fix & Foxi- vs. Micky Maus-Heft

Social Media und Bloggertag #RolfKauka vs. #WaltDisney, 2018 © LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen
Die Veranstaltung beginnt mit einem kleinen Ranking: „Fix & Foxi-Magazin oder Micky Maus-Heft? Was war damals euer Favorit?“ fragt Kuratorin Linda Schmitz in die Runde. Die Teilnehmer sind unentschlossen, „Ich habe damals beide Hefte gelesen“, sagt die Bloggerin und Instagramerin Ebru Sen. Die Teilnehmer sind sich einig in ihrer Uneinigkeit und positionieren sich allesamt zwischen die beiden Magazine, allerdings wie man sieht: mit leichter Tendenz zum Micky Maus-Heft!

Social Media und Bloggertag #RolfKauka vs. #WaltDisney, 2018 © LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen
Dieses Ergebnis verwundert nicht allzu sehr, vor allem mit Hinblick auf die Popularität dieser Printerzeugnisse – immerhin kommt das erste Eulenspiegel-Heft 1953 auf den Markt und wird erst ab der 29. Ausgabe im Jahr 1955 unter dem Titel „Fix & Foxi“ bekannt. Hingegen ist das erste Micky Maus-Heft bereits 1951 in den deutschen Läden erhältlich; ganz zu schweigen von den Micky Maus-Filmen, die spätestens seit den 1930ern weltweite Bekanntheit erlangen.

Disneys Dumbo

© Sammlung Dr. Stefan Piëch
Steht Kauka also automatisch im Schatten Disneys? Mit dem Blick zur Konkurrenz zitiert er in seinen frühen Comics stellenweise Disney-Figuren, wie zum Beispiel in „Münchhausen’s tolle Abenteuer“  (Eulenspiegel-Heft, Nr. 11, 1954): Auf hoher See fällt plötzlich ein Elefant vom Himmel. „Man soll es nicht glauben, aber herab fällt ein graues, riesiges Etwas“, heißt es in dem Comic. „Es ist Dumbo, Walt Disneys fliegender Elefant“, berichtet der Lügenbaron Münchhausen weiter und steckt sich den Elefanten anschließend in seine leere Streichholzschachtel.

Disneys Bambi

© Sammlung Dr. Stefan Piëch
Eine weitere augenzwinkernde Disney-Adaption findet sich im Fix & Foxi-Heft Nr. 56 (1956): Hier führt Fix den Protagonisten Fritz durch die Kauka-Studios. Soeben wird eine neue Geschichte produziert und Fritz hat die große Ehre, den Zeichnern über die Schulter gucken zu dürfen. Plötzlich steht ein Rehkitz namens Kizzi im Raum und Fritz stellt fest: „Das ist ja Bambi!“. Obwohl die Ähnlichkeit zu Disneys Filmfigur von 1942 offensichtlich ist, entgegnet Fix „Nein, Bambi ist ein Hirschkalb und Kizzi ein kleines Rehkalb.“ Dass in dieser begrifflichen Differenzierung und auch in der optischen Gestaltung der beiden Rehkitze so gut wie keine Unterschiede bestehen, wird wohl auch dem Zeichner und dem Autor dieses Kauka-Comics bewusst gewesen sein.  

Kauka selbst äußerte sich zu dem oft erwogenen Vergleich zum amerikanischen Disney folgendermaßen: „Ich schätze Walt Disney als Freund der Kinder und einfallsreichen Zeichner sehr. Trotzdem nehme ich für mich in Anspruch, aus anderen Erzähler-Traditionen zu kommen und an andere Entwicklungsstufen der erzählenden Graphik anzuschließen.“ 
(Ausstellungskatalog „FIX & FOXI. Rolf Kauka, der deutsche Walt Disney, und seine Kultfüchse“, Hrsg. Linda Schmitz u. Christine Vogt, erschienen als Edition Alfons, Verlag Volker Hamann, Barmstedt,  Oberhausen 2018)

Zwillings-Bingo! Finde deinen Kauka-Zwilling! 

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Auf dem Social Media- und Bloggertag untersuchen wir also gemeinsam, inwiefern Kauka diesem Anspruch gerecht wurde. Dafür haben wir ein kleines Spiel vorbereitet: Zwillings-Bingo! Finde deinen Kauka-Zwilling! Jeder Teilnehmer zieht eine Karte, die jeweils einen der berühmten Disney-Charaktere abbildet. Mit dabei sind Goofy, Tick, Trick & Track, Daniel Düsentrieb, Dagobert Duck und Dorette Duck.  Während Kuratorin Linda Schmitz die Gruppe durch die FIX & FOXI-Ausstellung führt, ist es die Aufgabe der Teilnehmer nach ihrem entsprechenden Kauka-Zwilling Ausschau zu halten.

Lupo vs. Goofy

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Opa Hausen (alias Maik Heimes) hat die Goofy-Karte gezogen. Nur einige Sekunden vergehen und schon hat der berentete Bergmann seinen Kauka-Zwilling gefunden. Innerhalb unserer Runde sind wir uns einig: Kaukas Wolf Lupo und Disneys Hund Goofy sind sich verblüffend ähnlich! Beide Figuren haben ein schlaksiges Erscheinungsbild: Lange Ohren, große Füße und eine ausgeprägte Nase. Lupo ist ab 1955 der ständige Begleiter der Hauptcharaktere Fix und Foxi, während auch Goofy ab 1932 als treuer Freund der Figur Micky Maus auftritt. Auch charakterlich weist der verfressene und faule Wolf Lupo eine Annährung zu dem etwas treu-doofen und tollpatschigen Hund Goofy auf.

© Sammlung Dr. Stefan Piëch
Dennoch: Kaukas Figur Lupo hat ihren Ursprung in der deutschen Volksliteratur, um genauer zu sein in Goethes berühmten Tierepos um Reineke Fuchs und den Wolf Isegrim. Im Eulenspiegel-Heft Nr. 5 tritt erstmalig der gewitzte Fuchs mit dem bösen Wolf als Widersacher auf. Hieraus entwickelt sich in Heft Nr. 6 die erste Fix & Foxi-Geschichte. Der grimmige Wolf trägt fortan den Namen Lubo, ab Heft Nr. 29 heißt er Lupo.

Fieb, Piep & Tschiep vs. Tick, Trick & Track

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Während unserer Führung kommen wir an „Emil und die Spatzenkinder“ (Eulenspiegel-Heft Nr. 25, 1954) vorbei. Ausgestattet mit Rucksack und Pfadfinder-Fahne, laufen die drei Spatzenkinder namens Fieb, Piep und Tschiep durch eine idyllische Landschaft.  Nun hat auch Dirk Trachternach (Puppenbauer von Opa Hausen) seinen Kauka-Zwilling entdeckt! Disneys Entendrillinge Tick, Trick & Track sind die Neffen von Donald Duck und treten erstmalig 1937 in Erscheinung. In beiden Fällen handelt es sich um Vogel-Drillinge, die einem Pfadfinderverein angehören. Die Spatzenkinder jedoch singen „Das Wandern ist des Müllers Lust!“, wodurch ein expliziter Bezug zu deutschen Volksliedern hergestellt wird.

Knox vs. Daniel Düsentrieb

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Im Laufe der weiteren Führung wird auch Ebru Sen fündig. Sie hatte den Erfinder Daniel Düsentrieb gezogen, der ab 1952 als enger Freund der Duck-Familie auftritt. Als Kauka-Pendant kann hier der Rabe Professor Knox gesehen werden. Sowohl Knox als auch Daniel Düsentrieb treten als anthropomorphe Vogel-Figuren in Erscheinung, die nicht unmittelbar zu den Hauptcharakteren zählen. Mit ihren genialen Einfällen bereichern sie die Geschehnisse in Fuxholzen und Entenhausen, auch wenn es sich um unterschiedliche Vogelarten handelt.

Onkel Fax vs. Dagobert Duck

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Auf der Karte von Uta Sanders ist Dagobert Duck abgebildet – die reichste Ente der Welt! Ab 1947 tritt dieser Charakter unter anderem in seiner Rolle als Großonkel der Drillinge Tick, Trick & Track auf.  Onkel Fax hingegen ist der Prototyp des spießigen Biedermanns, der erstmalig 1961 in Fuxholzen erscheint. Mit seinem Hang zur Pedanterie versucht er manchmal auch mit offiziersgleichem Ton seine beiden Neffen Fix und Foxi zu erziehen. In unserer Runde stellen wir fest, dass dieser Vergleich ein wenig hapert! Dagobert Duck ist ein geldgieriger Enterich, der den American Dream, aber auch den Kapitalismus verkörpert, wohingegen Fax ein über 60-jähriger Fuchs mit Militärsvergangenheit ist. Mit seinen konservativen Wertvorstellungen verkörpert Fax das Spießerbürgertum des Nachkriegsdeutschlands, während Dagobert Duck als zielstrebiger Welteroberer daher kommt.


Oma Eusebia vs. Dorette Duck

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Auch beim nächsten Vergleich ist zu erkennen, dass sich Kauka hier weniger an einer Disney-Figur orientiert hat, als eher an einem gesellschaftlichen Stereotyp. Hildegard Mihm hält eine Abbildung von Dorette Duck in ihrer Hand und betrachtet skeptisch eine Eusebia-Geschichte. „Ja natürlich verkörpert Dorette Duck genauso wie Oma Eusebia die Figur der liebevollen Großmutter, aber das war es dann auch schon mit den Parallelen!“, schlussfolgert die Bloggerin. Und Omas gibt es schließlich nicht nur Entenhausen!


Fuxholzen vs. Entenhausen

© Sammlung Dr. Stefan Piëch
Generell steht das bayrisch anmutende Fuxholzen im Kontrast zum städtischen und kalifornischen Entenhausen. Onkel Fax wohnt zusammen mit seinen Neffen Fix und Foxi in einem idyllischen Häuschen, angrenzend an eine Waldlandschaft mit typisch deutschen Tannen. Im selben Kontext erscheint Eusebias Fachwerkhaus. Ebenso steht Lupos Wohnhaus – eine europäisch geprägte Turmarchitektur – in unmittelbarer Nähe zum Tannenwald. Eingefleischte Fans hatten diese Häuser vielleicht auch im Kinderzimmer stehen. Schließlich gab es in den Heften regelmäßig Bastelbögen mit solchen Motiven! Daher erhielten auch unsere Blogger einen Bastelbogen als Geschenk. Zur Auswahl standen jeweils die Häuser von Fix und Foxi, Lupo, Eusebia und Knox 


Die Moral der Geschicht: Vergleiche zwei Paar Schuhe nicht!

© Sammlung Dr. Stefan Piëch
Mit dem fiktiven Örtchen Fuxholzen erdenkt Kauka in den 1950ern, genauso wie Disney, eine kunterbunte Welt voll von anthropomorphen Tieren. Somit tritt er gewissermaßen in die Fußstapfen Disneys, die zu dieser Zeit nicht gerade klein sind, wenn man an die bereits bestehenden Charaktere Micky, Donald, Goofy & Co. denkt. Während Disneys Figuren zunächst dem amerikanischen Zeitgeist der goldenen Zwanziger entspringen, entstehen Kaukas Figuren in der deutschen Nachkriegszeit. Diese historische Kluft tut sich nicht nur in der Bildsprache der Comics auf, sondern ebenso im erzählerischen Stil. Den cholerischen Wutausbrüchen Donald Ducks steht der erzieherische Grundton Kaukas gegenüber. An beiden Comicgrößen wird seit jeher Kritik geübt. Auch darüber haben wir gesprochen. Auszüge aus unseren Gesprächs-Ergebnissen erhaltet ihr im nächsten Blog-Artikel.  
Die Ausstellung FIX & FOXI. Rolf Kauka, der deutsche Walt Dinsey, und seine Kultfüchse ist noch bis zum 9. September 2018 in der LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen zu sehen.
+++ Museums-Jubiläums-Fest am Sonntag, 23. September 2018 von 12-18 Uhr +++ 2018 feiert die LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen 20-jähriges Jubiläum +++
Autorin: Natascha Kurek


Wir danken allen Teilnehmern:


Dirk Trachternach und Opa Hausen www.facebook.com/opahausen


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