10 Fragen an Satomi Edo

Seit der Eröffnung unserer Ausstellung zu Michael Ende zeigen sich nicht nur die Innenräume in einem neuen Gewand – auch die Fenster des Schlosses schmückt temporär ein Kunstwerk: Es handelt sich um eine Arbeit der in Kyoto/Japan geborenen Künstlerin Satomi Edo, die Teilnehmerin des Residenzprogrammes des Kunsthauses Mitte in Oberhausen ist. Die Installation ist der erste Teil ihres Abschlussprojektes und trägt den Titel NEW GROUND 23092023. Im November wird ihr Kunstwerk durch eine weitere Anbringung an der Vitrine des Schlosses ergänzt. Grundlage ihrer Arbeiten bilden japanische Frühstück-Workshops für Frauen, in denen die Teilnehmerinnen aus Eierschalen neue Weltkarten anordnen. Die entstandenen Muster sind mithilfe von großformatigen Kunststofffolien visualisiert.

In ihren Arbeiten nimmt Edo häufig Bezug auf das Thema „Heimat“ – aber warum eigentlich? Wir haben nachgehakt – in zehn Fragen an die Künstlerin.

 

Lena Elster: Was bedeutet Kunst für Sie?

Satomi Edo: Die Wahrheit des Lebens.

 

Lena Elster: Welche Herausforderungen begegnen Ihnen in ihrer Arbeit als Künstlerin?

Satomi Edo: In meiner künstlerischen Arbeit sind für mich Schnittstellen der Felder Architektur und Kunst von besonderem Interesse. Zum Thema „Weltbild“ arbeite ich seit dem Jahr 2017. In diesem Zusammenhang versuche ich den Begriff „Heimat“ in einem übertragenen Sinne zwischen Mensch und Raum, zwischen analoger und digitaler Land- und Weltkarte unter kartografischem Aspekt zu diskutieren.

 

Lena Elster: Hat die Verwendung von Eierschalen eine besondere Bedeutung in ihren Arbeiten?

Satomi Edo: Ich nehme damit Bezug auf einen Schöpfungsmythos über viele Kulturen hinweg, in dem das Ei als Symbol für den Ursprung des Universums gelesen wird. Neben der symbolischen Kraft der Form des Eies, ist es die zarte Hülle, die etwas Zerbrechliches und Schutzbedürftiges bedeutet. Es ist die schönste Form des Schutzes, die das Leben schützt.  

 

Lena Elster: Wann haben Sie damit angefangen, künstlerisch tätig zu sein?

Satomi Edo: Ein Künstler kam, um meine Kindergartenklasse zu unterrichten, und seitdem interessiere ich mich sehr für Kunst, für alle Bereiche der Kunst. Nach vielen privaten Kunstaktivitäten und Unterricht besuchte ich nach dem Abitur eine Kunsthochschule in Kyoto, Klasse Bildhauerei.

 

Lena Elster: Welche Themen verarbeiten Sie in Ihrer Kunst und warum?

Satomi Edo: Heimat. Ich wurde in Kyoto/Japan geboren. Ich lebe und arbeite in Münster/ Deutschland. Das Thema drückt eine Weltanschauung für mich aus, in der sich zwei parallele Welten von unterschiedlicher Zeit und Raum, Japan und Deutschland, überschneiden. Weil die großen Einflüsse der Heimat mir meine Gedanken und meine Persönlichkeit gaben und geben.

 

Abb. NEW GROUND 23092023 von Satomi Edo © LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen

 

Lena Elster: Gibt es eine Künstlerin oder einen Künstler, den Sie bewundern?

Satomi Edo: Joseph Beuys, seine verschiedenen vielfältigen Materialien und seine sozialen Aktivitäten. Hitoshi Nomura, er war ehemaliger Professor an der Kunsthochschule in Kyoto.

 

Lena Elster: Welche Einflüsse von anderen Künstler*innen gibt es in ihren Arbeiten?

Satomi Edo: Künstlerinnen aus Deutschland. 1999 war ich positiv schockiert, als ich im National Museum of Art in Osaka die Ausstellung „Leiblicher Logos“ sah, in der Installationen von 14 deutschen Künstlerinnen gezeigt wurden. Besonders gefielen mir die Arbeiten von Katharina Fritsch, Rebecca Horn, Karin Sander und Rosemarie Trockel.  Zu dieser Zeit hatten japanische Künstlerinnen nicht viele Möglichkeiten, ihre Werke in Japan zu präsentieren.    

Wichtig ist auch, dass ich 10 Jahre lang in meiner Heimat Kyoto für die Teezeremonie ausgebildet wurde, besonders erwähnenswert sind dabei die Einflüsse von Rikyu Sen, der ein großer Teemeister war.

 

Lena Elster: Was bedeutet das Thema Heimat für Sie?

Satomi Edo: Identität und Kultur-Identität. Damit ich den Sinn und Wert meiner Existenz erkenne.

 

Lena Elster: Was verbinden Sie mit dem Autor Michael Ende?

Satomi Edo: Am Anfang der 90er Jahre habe ich erst „Die unendliche Geschichte“, danach „Momo“ und „Der Spiegel im Spiegel“ von Michael Ende gelesen. Seine Bücher stellen uns eine Frage; sie lässt uns darüber nachdenken, welche Bedeutung Glück für das Leben der Menschen hat. Ich kenne auch das Buch seines Vaters, Edgar Ende.

 

Lena Elster: Gibt es Unterschiede hinsichtlich der Rezeption von Kunst in Japan beziehungsweise in Deutschland?

Satomi Edo: Grundsätzlich Nein. Aber im gesellschaftlichen Status von Künstler/Künstlerinnen gibt es leider immer noch Unterschiede, vor allem bei den Zeitgenossen. In Japan haben allgemein die Künstlerinnen und Künstler keinen hohen gesellschaftlichen Status und es ist für Künstlerinnen noch besonders schwierig, ihre Karriere als Künstlerinnen nach dem 35. Lebensjahr fortzusetzen. Selbst im Leben eines Künstlers gibt es immer noch soziale Vorurteile.  

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