Corona-Tagebuch der LUDWIGGALERIE: der etwas andere Jahresrückblick

Das Jahr 2020 in der LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen
Tagebuch-Notizen
 
Wenn man uns fragt, wie das Jahr 2020 war, dann kommen Antworten wie: 
Surreal, anstrengend, herausfordernd, verrückt …

Sicherlich ging es beinahe allen Menschen in Oberhausen, in Deutschland, auf der Welt so und jeder hat andere Erfahrungen, die er zum Jahreswechsel mitnimmt. Viele sagen, die Tage zogen sich wie Kaugummi, aber gleichzeitig ging das Jahr rasend schnell vorbei. Uns ist danach, es Revue passieren zu lassen.

3. Januar 2020: Centro Tourismusmesse
An diesem Wochenende steht die Tourismusmesse im Mitteldom des Centro an. Wir betreuen einen Stand zusammen mit der OWT GmbH und sprechen mit vielen Besucherinnen und Besuchern. Unser Ausstellungsprogramm 2020 ist vollgepackt mit tollen Präsentationen: über die fotografischen Werke von Linda McCartney und Rudolf Holtappel und über die Illustratorinnen und Illustratoren, die zu den Geschichten von Otfried Preußler gezeichnet haben. Für jede Zielgruppe ist etwas dabei. Das vermitteln wir den Menschen an diesem Wochenende.
Wenige Tage und Wochen später erreichen alarmierende Nachrichten die Welt. In China gibt es ein neuartiges Virus. Für uns in der LUDWIGGALERIE ist das erst einmal weit weg.

16. Januar 2020 & 18. Januar 2020: Pressekonferenz und Eröffnung zur Ausstellung „Fotografin unter Musiker: Linda McCartney – The Sixties and more“
Wir sind überwältigt! Überaus zahlreich kommen Pressevertreterinnen und -vertreter in das Museum, um über die herausragende Ausstellung zu berichten. Unsere Direktorin Frau Dr. Vogt, aber auch wir alle, sind überglücklich und zuversichtlich, dass dies eine außergewöhnlich gut besuchte Ausstellung werden wird. Am Abend der Eröffnung ist jeder Zentimeter im Haupthaus besetzt! Die Gäste möchten die Schau mit den Fotoarbeiten von Linda McCartney eher als alle anderen sehen.

2. Februar 2020: Eröffnung „Jacques Tilly: Politik und Provokation – Karikaturen XXL“
 
Eröffnung im Kleinen Schloss, 2020 © LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen

SO voll war die Panoramagalerie vielleicht noch nie. Die Menschen knubbeln sich.

Es ist für unser Ausstellungshaus ein traumhafter Start – die Menschen stehen Schlange an der Kasse,  die Besucherzahlen schießen in die Höhe und die Veranstaltungen im Rahmen unseres Ausstellungsprogramms im Februar platzen vor Anmeldungen aus allen Nähten.
 
Frank Goosen liest "Die Beatles und ich", 2020 © LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen

Und immer noch realisieren wir nicht, was auf uns zurollt.
Aber es vermehren sich die Nachrichten über das Corona-Virus. Es erreicht Europa. Eine Karnevalssitzung in Heinsberg und Après Ski in Ischgl sind die sogenannten „Superspreading-Events“. Am 11. März 2020 ist klar: Corona hat Oberhausen erreicht. Drei Tage später schließt die LUDWIGGALERIE im Rahmen des ersten Lockdowns.
 
Der Gedanke an ein geschlossenes Museum wirkt auf uns mehr als befremdlich. Die Bilder hängen an der Wand und niemand kann sie sich anschauen. Aber es macht sich auch Verständnis breit, da noch keinem klar ist, wie man mit der ganzen Situation bestenfalls umgehen sollte. Also wird – natürlich nur sinngemäß – in die Hände gespuckt: Wie bringen wir das, was eigentlich drinnen ist, nach draußen? Der Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit erarbeitet ein Online-Konzept. Es entstehen Audio-Statements von Jacques Tilly sowie von Aktivisten von FridayForFuture, wir entwickeln Redaktionspläne mit wiederkehrenden Themen, um unseren virtuellen Besuchern trotzdem ein gutes Programm zu bieten. Verwaltung und Besucherservice setzen in der Zwischenzeit die Corona-Regelungen um und beschaffen Equipment, um alle bestmöglich zu schützen. Wir wollen aufs Beste für die Wiedereröffnung der LUDWIGGALERIE vorbereitet sein, zu jeder Zeit.
 
Plexiglasscheibe an der Kasse im Haupthaus, 2020 © LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen
 
7. Mai 2020: Pressekonferenz „Rudolf Holtappel – Die Zukunft hat schon begonnen. Ruhrgebietschronist Theaterdokumentarist Warenhausfotograf“
Knapp zwei Monate ist in Deutschland alles geschlossen – aber pünktlich zur Holtappel-Ausstellung dürfen wir öffnen. Aber es ist alles anders: die Pressekonferenz findet mit Beschränkung der Anzahl der Personen statt, Journalisten mit Maske unter Einhaltung des Mindestabstands etc., etc. Besonders bedauerlich ist zudem, dass eine Eröffnung nicht stattfinden darf.  Die sonst proppevollen Kuratorinnenführungen dürfen nicht stattfinden, erst später können wir, sehr beschränkt, Veranstaltungen machen, wie beispielsweise eine Midissage zur Rudolf Holtappel-Schau
 
11. und 12. September 2020: Preview und Eröffnung von „Räuber Hotzenplotz, Krabat und Die kleine Hexe. Otfried Preußler – Figurenschöpfer und Geschichtenerzähler“
Wir haben uns, aufgrund der guten Wetterprognose, für zwei getrennte Events im Freien entschieden: eine Preview und eine Eröffnung. Mit einem Hauch Dolce Vita und guter Stimmung wird die „Otfried Preußler“-Ausstellung feierlich eröffnet und die BesucherInnen können nach streng vorgegebenen Regeln ins Haus und die schönen Arbeiten der zahlreichen Preußler-IllustratorInnen bewundern.
 
Eröffnung unter freiem Himmel, 2020 © LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen

Sogar „Schlaflos“ in Oberhausen darf in diesem Monat stattfinden. Unser Märchenabend. Doch es gibt erneut Grund zur Besorgnis, die Corona-Infektionszahlen steigen wieder. Am Tage vor unserer ersten Eltern-Baby-Führung (ELTERN_BABYzeit – Mit dem Baby ins Museum!), einem neuen museumspädagogischen Format, wird verkündet, dass wir nach dem Wochenende die LUDWIGGALERIE erneut schließen müssen. „Lockdown light“ – die Leittragenden sind diejenigen, die Energie und Geld in Hygienekonzepte gesteckt haben: Museen und viele andere Kulturinstitutionen und - tätige, Restaurants, Dienstleister. Einige Museen, darunter unseres vertreten durch Frau Dr. Vogt, geben gemeinschaftlich ein Statement ab, dass sich das Verständnis für diese Maßnahme dieses Mal in Grenzen hält. Es heißt, einen Monat bleibt alles geschlossen. Aber ob wohl nicht doch verlängert wird?

Ende November ist klar: die LUDWIGGALERIE öffnet nicht wieder. Es bleibt beim Lockdown. Wir freuen uns aber, dass wir den Museumsshop betreiben können. Weiterhin kann man nicht vorausschauend planen, nur wochenweise. Alle Eventualitäten werden berücksichtigt, aber zur Hoffnung kommt inzwischen eine gehörige Portion Realismus. Was ist, wenn die Eröffnungen unserer neuen Ausstellungen ART ABOUT SHOES und WALTER KUROWSKI im Januar ausfallen? Wann dürfen wir überhaupt wieder öffnen?

Und so hängen wir weiter in der Schwebe und es bleibt uns vorerst nur übrig, im Januar eine Ausstellung ab- und die andere aufzubauen.
Aber auf eines kann man sich im Museumbetrieb verlassen: Alle Zeit bereit, die Türen für die Besucherinnen und Besucher zu öffnen!

 

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